Bis weit ins 19. Jh. pilgerten die Dänen hier hinauf, wenn sie auf ihren ›höchsten Berg‹ wollten. Dann nahmen pedantische Landvermesser dem Himmelbjerg diesen Status. Dabei sind seine 147 Meter Höhe – vom Ufer des Julsø immerhin noch etwa 100 Höhenmeter – durchaus ansehnlich. Die Aussicht von oben auf die Seelandschaft ist grandios und eine Anreise zum Aufstieg mit dem historischen Dampfer Hjejlen, der älteste originale kohlebefeuerte Raddampfer der Welt, der noch in Betrieb ist, aus Silkeborg oder Ry ist pure Nostalgie.
Die Aussicht allein erklärt aber nicht die Popularität im Lande, doch ist dieser Ort für Dänemarks nationale Identität von großer Bedeutung: Hier gab es in den 1830ern Jahren große Volkstreffen, die am Ende ohne Blutvergießen zu der bis heute in Grundzügen gültigen, bürgerlichen Verfassung von 1849 führten. Vom Anleger der Ausflugsschiffe ist die knapp 1000 m lange Søruten, der direkte Weg den Berg hinauf, bestens präpariert. Niemand muss Bergsteiger oder Langstreckenwanderer sein, um ihn zu schaffen. Jedes Verschnaufen verschafft herrliche neue Ausblicke auf den Julsø.
Die etwa doppelt so lange Lynghedeturen weiter östlich ist ebenfalls gut markiert, lässt sich perfekt in verschiedene Rundwege vom Anleger zum Gipfel und wieder hinunter einbauen und ist auch mit Kindern gut zu schaffen. Wer die ganze Schönheit der Region erleben möchte, nimmt »Himmelbjergruten« unter die Füße, die Quintessenz dieses so ungewohnten Dänemark komprimiert in einem Netz gut markierter Wanderwege rund um die Himmelbjergseen. Die längste Option vom Himmelbjerg via Ry und Silkeborg wieder zurück zum Gipfel wäre über 50 km lang.
Meine deutlich abgekürzte Lieblingsvariante bringt mich mit dem Ausflugsboot von Ry zum Aufstieg auf den Gipfel. Von dort laufe ich dann zum Skyttehusets Outdoor Camp am Südufer der Gudenå hinunter, von wo im Sommer die kleine, solarbetriebene »Solfærge Søhøjlandet« Wanderer ans andere Ufer bringt.
Auf der Nordseite warten mit Aalekroen, der bei dem Namen natürlich gebratenen Aal als Spezialität auf der Karte hat, und Traktorstedet Ludvigslyst zwei zauberhafte Lokale für eine Frokostpause. Über Laven geht es anschließend zurück nach Ry – insgesamt etwa 17 km. Eine ausführliche Beschreibung der Himmelbjergroute mit deutscher Kurzfassung und hervorragendem Kartenmaterial gibt’s als Flyer in Touristenbüros und in Unterkünften der Region oder zum Download.
Wer Dänemark als kleinen »Alpenersatz« erleben möchte, findet auf der Webseite »BestigBjerge« rund 20 kompakte ›Gipfel‹touren im Seenhochland, zwar nur auf Dänisch und Englisch beschrieben, aber immer mit guter Karte.